I.2.1 Stadträumliche Einbindung/ Gebietsentwicklung
Der Geltungsbereich des Bebauungsplans 1-62a liegt nördlich des Hauptbahnhofs im Osten des Ortsteils Moabit im Bezirk Mitte von Berlin. Das rund 11,5 ha große Plangebiet umfasst die brachliegenden Flächen westlich der Heidestraße zwischen Perleberger Straße und Döberitzer Straße und ist Teil des rund 40 ha großen Neuordnungsbereichs beiderseits der Heidestraße. Das ehemalige Bahnareal in herausgehobener zentraler Innenstadtlage soll als künftige „Europacity“ zu einem neuen eigenständigen Stadtquartier mit attraktiven Wohnungen und Arbeitsstätten entwickelt werden.
Derzeit ist der Neuordnungsbereich beiderseits der Heidestraße durch die Bahnanlagen im Westen und die Wasserstraße im Norden und Osten von den umliegenden Stadtgebieten stadtstrukturell isoliert und wird vor allem als Durchgangsraum wahrgenommen (vgl. I.2.3.1).
Historische Entwicklung
Der feuchte Niederungsbereich des heutigen Plangebiets lag bis ins 18. Jahrhundert außerhalb des Weichbildes der Stadt und war vorwiegend landschaftlich geprägt. 1748 wurden die so genannten Invalidenhäuser für Versehrte der preußischen Kriege errichtet. Westlich davon erhielt die Panke, die in ihrem ursprünglichen Lauf weiter östlich in die Spree mündete, einen neuen Abzugsgraben. Westlich des Plangebiets entstanden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Kasernenanlagen mit einem ausgedehnten Exerzierplatz, sowie die sternförmig angeordneten Trakte des Zellengefängnisses.
Mit dem Bau des Hamburger Bahnhofs an der Invalidenstraße als Endpunkt der Berlin-Hamburger Eisenbahn und der Entwicklung der übrigen Flächen östlich der Heidestraße für den Güterumschlag und für Bahnbetriebszwecke begann 1847 die Entwicklung zu einem Bahnstandort, die das Gebiet bis heute prägt. Etwa zeitgleich wurde der Pankegraben zum Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal ausgebaut, 1858 der Nordhafen in Betrieb genommen.
Der Hobrecht-Plan von 1862 sah zwischen der Hamburger Bahn und dem Kasernengelände westlich der Lehrter Straße ein städtisches Quartier mit einer repräsentativ verbreiterten Heidestraße und einem zentralen Schmuckplatz vor. Auf diese Planung gehen die Ansätze einer Randbebauung entlang der Westseite der Heidestraße und der Nordseite der Döberitzer Straße zurück. Die weitere Entwicklung zu einem geschlossenen Quartier wurde jedoch durch die Anlage der Lehrter Bahn verhindert, deren Kopfbahnhof südlich der Invalidenstraße 1868 in Betrieb genommen wurde. In dessen Hinterland, auf den Flächen westlich der Heidestraße, entstanden ausgedehnte Anlagen für den Güterumschlag und den Bahnbetrieb.
Damit waren die Flächen beiderseits der Heidestraße mit Ausnahme der genannten „Wohninsel“ durch Bahn- und Gewerbenutzungen belegt und durch stadträumliche Barrieren von den westlich und östlich angrenzenden Stadtquartieren abgetrennt, so dass sie an deren weiterer Entwicklung nicht mehr teilnahmen. Lediglich im Osten stellte die Invalidenstraße mit dem 1875 errichteten Verwaltungsgebäude der Berlin-Hamburger Eisenbahngesellschaft und dem 1906 zum Verkehrsmuseum umgebauten und zur Straße hin erweiterten Hamburger Bahnhof einen städtischen Zusammenhang her. Die Anlage der Stadtbahn mit dem 1882 eröffneten Lehrter Stadtbahnhof verbesserte die Verbindungen mit der übrigen Innenstadt, blieb jedoch für die städtebauliche Entwicklung im näheren Umfeld nahezu ohne Bedeutung.
Der Lehrter Bahnhof wurde im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und 1957-59 abgerissen, große Teile der Gleisanlagen und Betriebsflächen im Vorfeld wurden damit funktionslos. Die Nutzung der Anlagen für den Güterverkehr ging stark zurück. Die brach gefallenen Flächen wurden teilweise an gewerbliche Nutzer vermietet. Einige Mietshäuser im nördlichen Abschnitt der Heidstraße und in der Döberitzer Straße wurden abgebrochen.
Durch die Teilung Berlins geriet das Plangebiet in eine Randlage. Die Heidestraße selbst erhielt dagegen - im Zusammenhang mit dem Bau der so genannten Entlastungsstraße durch den Tiergarten und der neu errichteten Nordhafenbrücke - eine neue Verkehrsbedeutung als Verbindung zwischen den nördlichen und südlichen Stadtteilen West-Berlins. Die im Flächennutzungsplan von 1965 dargestellte und erst in den 80er Jahren aufgegebene Planung einer Stadtautobahn trug dieser Verkehrsbeziehung Rechnung, verhinderte jedoch andere Entwicklungen. Mit der Eröffnung des Tiergartentunnels und der Minna-Cauer-Straße im Jahr 2003 ist die Verkehrsbedeutung der Heidestraße unverändert hoch.
1983 wurde auf Bahnflächen westlich der Heidestraße ein Containerbahnhof angelegt, der für das eingeschlossene West-Berlin eine wichtige bahnlogistische Funktion erfüllte. Nach der Grenzöffnung wurde die Nutzung des Containerbahnhofs zunächst intensiviert, Ende 2003 nach Verlagerung der Funktionen jedoch aufgegeben. Mit der Fertigstellung des Hauptbahnhofs Mitte 2006 erhielt der Bereich eine neue Zentralität im Stadtgefüge; die von Norden zuführenden Gleise liegen unmittelbar westlich des Plangebiets.
Im Umfeld des für das Museum für Gegenwart umgenutzten Hamburger Bahnhofs wurden mehrere bislang gewerblich genutzte Flächen zu Galerieräumen oder für andere künstlerisch geprägte Einrichtungen umgenutzt.