Planungsdokumente: Einführungstest
Begründung
I.1. Veranlassung und Erforderlichkeit der Planung
Anlass für die Planaufstellung ist die städtebauliche Neuordnung des Bereichs beiderseits der Heidestraße mit dem Ziel der Entwicklung von nicht mehr betriebsnotwendigen Bahnflächen zu einem gemischt genutzten Stadtquartier in attraktiver Innenstadtlage.
Grundlage für die Planung ist der vom Senat von Berlin und vom Bezirksamt Mitte gleich lautend am 5. Mai 2009 beschlossene Masterplan „Heidestraße“ (Stand 29. Januar 2009), in dem die abgestimmten Leitlinien und Entwicklungsziele für den Standort dargestellt sind. Im Geltungsbereich des Bebauungsplans sind die Grundstücke Heidestraße 23, 25 und 55 im Baunutzungsplan in der Fassung vom 28. Dezember 1960 (ABI. 1961 S. 742) als beschränktes Arbeitsgebiet der Baustufe V/3 ausgewiesen, während die weiteren Grundstücke und Flächen nach Freistellung von den Bahnbetriebszwecken nach § 23 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) – mit Ausnahme der im Bebauungsplan nachrichtlich übernommenen planfestgestellten Flächen – dem unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 Baugesetzbuch (BauGB) zuzuordnen sind (s.a. Abschnitt I.2.4.2). Da nach den zurzeit für die Beurteilung von Vorhaben maßgeblichen Planungsgrundlagen lediglich die Entwicklung als Bahnfläche oder allenfalls als Gewerbegebiet zulässig ist, die im Masterplan niedergelegte städtebauliche Konzeption jedoch von der Entwicklung eines neuen, gemischt genutzten Stadtquartiers mit Wohn- und Bürogebäuden, öffentlichen Straßen, Plätzen und Grünflächen ausgeht, muss hierfür die planungsrechtliche Grundlage durch Aufstellung von Bebauungsplänen geschaffen werden. Die nunmehrige Zuständigkeit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt ergibt sich aus der Festlegung als Gebiet von außergewöhnlicher stadtpolitischer Bedeutung gemäß § 9 AGBauGB. Der diesbezügliche Beschluss wurde am 26. März 2013 gefasst.
I.2 Beschreibung des Plangebietes
I.2.1 Stadträumliche Einbindung/ Gebietsentwicklung
Der Geltungsbereich des Bebauungsplans 1-62a liegt nördlich des Hauptbahnhofs im Osten des Ortsteils Moabit im Bezirk Mitte von Berlin. Das rund 11,5 ha große Plangebiet umfasst die brachliegenden Flächen westlich der Heidestraße zwischen Perleberger Straße und Döberitzer Straße und ist Teil des rund 40 ha großen Neuordnungsbereichs beiderseits der Heidestraße. Das ehemalige Bahnareal in herausgehobener zentraler Innenstadtlage soll als künftige „Europacity“ zu einem neuen eigenständigen Stadtquartier mit attraktiven Wohnungen und Arbeitsstätten entwickelt werden.
Derzeit ist der Neuordnungsbereich beiderseits der Heidestraße durch die Bahnanlagen im Westen und die Wasserstraße im Norden und Osten von den umliegenden Stadtgebieten stadtstrukturell isoliert und wird vor allem als Durchgangsraum wahrgenommen (vgl. I.2.3.1).
Historische Entwicklung
Der feuchte Niederungsbereich des heutigen Plangebiets lag bis ins 18. Jahrhundert außerhalb des Weichbildes der Stadt und war vorwiegend landschaftlich geprägt. 1748 wurden die so genannten Invalidenhäuser für Versehrte der preußischen Kriege errichtet. Westlich davon erhielt die Panke, die in ihrem ursprünglichen Lauf weiter östlich in die Spree mündete, einen neuen Abzugsgraben. Westlich des Plangebiets entstanden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Kasernenanlagen mit einem ausgedehnten Exerzierplatz, sowie die sternförmig angeordneten Trakte des Zellengefängnisses.
Mit dem Bau des Hamburger Bahnhofs an der Invalidenstraße als Endpunkt der Berlin-Hamburger Eisenbahn und der Entwicklung der übrigen Flächen östlich der Heidestraße für den Güterumschlag und für Bahnbetriebszwecke begann 1847 die Entwicklung zu einem Bahnstandort, die das Gebiet bis heute prägt. Etwa zeitgleich wurde der Pankegraben zum Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal ausgebaut, 1858 der Nordhafen in Betrieb genommen.
Der Hobrecht-Plan von 1862 sah zwischen der Hamburger Bahn und dem Kasernengelände westlich der Lehrter Straße ein städtisches Quartier mit einer repräsentativ verbreiterten Heidestraße und einem zentralen Schmuckplatz vor. Auf diese Planung gehen die Ansätze einer Randbebauung entlang der Westseite der Heidestraße und der Nordseite der Döberitzer Straße zurück. Die weitere Entwicklung zu einem geschlossenen Quartier wurde jedoch durch die Anlage der Lehrter Bahn verhindert, deren Kopfbahnhof südlich der Invalidenstraße 1868 in Betrieb genommen wurde. In dessen Hinterland, auf den Flächen westlich der Heidestraße, entstanden ausgedehnte Anlagen für den Güterumschlag und den Bahnbetrieb.
Damit waren die Flächen beiderseits der Heidestraße mit Ausnahme der genannten „Wohninsel“ durch Bahn- und Gewerbenutzungen belegt und durch stadträumliche Barrieren von den westlich und östlich angrenzenden Stadtquartieren abgetrennt, so dass sie an deren weiterer Entwicklung nicht mehr teilnahmen. Lediglich im Osten stellte die Invalidenstraße mit dem 1875 errichteten Verwaltungsgebäude der Berlin-Hamburger Eisenbahngesellschaft und dem 1906 zum Verkehrsmuseum umgebauten und zur Straße hin erweiterten Hamburger Bahnhof einen städtischen Zusammenhang her. Die Anlage der Stadtbahn mit dem 1882 eröffneten Lehrter Stadtbahnhof verbesserte die Verbindungen mit der übrigen Innenstadt, blieb jedoch für die städtebauliche Entwicklung im näheren Umfeld nahezu ohne Bedeutung.
Der Lehrter Bahnhof wurde im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und 1957-59 abgerissen, große Teile der Gleisanlagen und Betriebsflächen im Vorfeld wurden damit funktionslos. Die Nutzung der Anlagen für den Güterverkehr ging stark zurück. Die brach gefallenen Flächen wurden teilweise an gewerbliche Nutzer vermietet. Einige Mietshäuser im nördlichen Abschnitt der Heidstraße und in der Döberitzer Straße wurden abgebrochen.
Durch die Teilung Berlins geriet das Plangebiet in eine Randlage. Die Heidestraße selbst erhielt dagegen - im Zusammenhang mit dem Bau der so genannten Entlastungsstraße durch den Tiergarten und der neu errichteten Nordhafenbrücke - eine neue Verkehrsbedeutung als Verbindung zwischen den nördlichen und südlichen Stadtteilen West-Berlins. Die im Flächennutzungsplan von 1965 dargestellte und erst in den 80er Jahren aufgegebene Planung einer Stadtautobahn trug dieser Verkehrsbeziehung Rechnung, verhinderte jedoch andere Entwicklungen. Mit der Eröffnung des Tiergartentunnels und der Minna-Cauer-Straße im Jahr 2003 ist die Verkehrsbedeutung der Heidestraße unverändert hoch.
1983 wurde auf Bahnflächen westlich der Heidestraße ein Containerbahnhof angelegt, der für das eingeschlossene West-Berlin eine wichtige bahnlogistische Funktion erfüllte. Nach der Grenzöffnung wurde die Nutzung des Containerbahnhofs zunächst intensiviert, Ende 2003 nach Verlagerung der Funktionen jedoch aufgegeben. Mit der Fertigstellung des Hauptbahnhofs Mitte 2006 erhielt der Bereich eine neue Zentralität im Stadtgefüge; die von Norden zuführenden Gleise liegen unmittelbar westlich des Plangebiets.
Im Umfeld des für das Museum für Gegenwart umgenutzten Hamburger Bahnhofs wurden mehrere bislang gewerblich genutzte Flächen zu Galerieräumen oder für andere künstlerisch geprägte Einrichtungen umgenutzt.
I.2.2 Geltungsbereich und Eigentumsverhältnisse
Der Geltungsbereich des Bebauungsplans 1-62a umfasst die Grundstücksflächen zwischen den westlich angrenzenden Bahnanlagen, der Perleberger Straße, der Heidestraße und der Döberitzer Straße, d.h. die Grundstücke Döberitzer Straße 2-3, Döberitzer Straße1/Heidestraße 55 und Heidestraße 45-54, die nördlich und westlich angrenzenden Flurstücke 305 und 375, Teilflächen der Flurstücke 345 und 285 sowie einen Abschnitt der Döberitzer Straße. Das Plangebiet hat eine Größe von rund 11,5 ha.
Der Geltungsbereich ist auf den Beschluss des Bezirksamtes Mitte von Berlin vom 24. April 2012 zur Teilung des ursprünglichen Bebauungsplans 1-62 zurückzuführen. Während der vorliegende Bebauungsplan 1-62a die Flächen westlich der Heidestraße (mit Ausnahme des Bereichs südlich der Döberitzer Straße) zum Gegenstand hat, sind die Grundstücksflächen östlich der Heidestraße seit 2012 durch das separate Bebauungsplanverfahren (1-62b) sowie die vorhabenbezogenen Bebauungspläne 1-92VE und 1-93VE beplant worden. Für den Baublock zwischen der Döberitzer Straße und der Minna-Cauer-Straße ist ebenfalls ein eigenständiges Bebauungsplanverfahren (1-62c) vorgesehen. Die Teilung wurde aufgrund absehbar unterschiedlicher Zeitläufe bei der Konkretisierung der Planung vorgenommen. Die Heidestraße und die für ihre geplante Verbreiterung erforderlichen Flächen sowie die Nordhafenbrücke und der Knotenbereich Perleberger Straße/ Heidestraße werden durch den am 13. März 2013 festgesetzten planfeststellungsersetzenden Bebauungsplan 1-63 überplant. Die Bebauungspläne 1-62a, b und c wurden in enger Abstimmung miteinander aufgestellt und nach Teilung des Geltungsbereiches des Bebauungsplans 1-62b durch die vorhabenbezogenen Bebauungspläne 1-92VE und 1-93VE ergänzt.
Die Geltungsbereiche der in Aufstellung befindlichen Bebauungspläne 1-62a und c, sowie der festgesetzten Bebauungspläne 1-62b, 1-63, 1-92 VE, 1-93 VE und II-201c umfassen gemeinsam das geplante neue Stadtquartier „Europacity“ beiderseits der Heidestraße, für das eine zusammenhängende städtebauliche Entwicklung realisiert werden soll.
Der Geltungsbereich des Bebauungsplans 1-62a umfasst in der Flur 43 folgende Flurstücke: Vollständig: 52/1, 54, 56, 58, 61, 83/1, 257, 305, 341, 343, 351, 353, 355, 357 und 375,. Anteilig: 285, 314 und 345.
Eigentumsverhältnisse
Die Flächen des ehemaligen Containerbahnhofs westlich der Heidestraße (Flurstück 375) wurden Ende 2014 von der Deutschen Bahn AG an eine private Eigentümer-/ Projektentwicklungsgesellschaft verkauft. Das Eckgrundstück Heidestraße/ Perleberger Straße (Flurstück 285) befindet sich im Eigentum des Liegenschaftsfonds Berlin. Einzelne Grundstücke im südlichen Abschnitt der Heidestraße gehören privaten Einzeleigentümern (Flurstücke 52/1, 58, 305, 341 und 343) bzw. der Bundesrepublik Deutschland (Bundeseisenbahnvermögen) (Flurstücke 54, 56, 351, 353, 355 und 357).
Das Flurstück 345 an der nördlichen Heidestraße (ehem. Grundstück Heidestraße 25) und die Grundstücke Döberitzer Straße 2 und 3 (Flurstücke 61 und 257) stehen ebenfalls in privatem Eigentum.
Die Straßenverkehrsfläche der Döberitzer Straße (Flurstück 314) steht im Eigentum des Landes Berlin.
I.2.3 Städtebauliche Situation und Bestand
I.2.3.1 Stadträumliche Bedeutung
Der Neuordnungsbereich Heidestraße ist zurzeit vor allem ein Durchgangsraum am Rand der Berliner Innenstadt. Am südlichen Rand des Plangebiets und in der näheren Umgebung finden sich jedoch wichtige zentrale Nutzungen, die Ansatzpunkte für die zukünftige Entwicklung darstellen. Hierzu gehören insbesondere der Bereich von Parlament und Regierung südlich der Spree sowie das Wirtschafts- und das Bau- und Verkehrsministerium weiter östlich an der Invalidenstraße, die Charité mit Behandlungs-, Forschungs- und Lehreinrichtungen, das Bundeswehrkrankenhaus und das Naturkundemuseum. Unweit östlich des Gebiets an der Chausseestraße wird künftig auch die Zentrale des Bundesnachrichtendienstes ansässig sein. Innerhalb des Neuordnungsbereichs liegt der Hamburger Bahnhof als Kern eines überregional wirksamen Kulturstandortes.
Die Inbetriebnahme des Hauptbahnhofs hat die Zentralität und Bedeutung dieser Lage weiter erhöht. Das Zusammentreffen von Fernbahn-, Regionalbahn- und Nahverkehrskreuz sowie der Nord-Süd-Tunnel der Bundesstraße B 96 gewährleisten eine hervorragende regionale wie überregionale Erreichbarkeit. Der Bahnhof ist daneben auch ein gewichtiger Einzelhandelsstandort. Die geplanten Bauflächen im unmittelbaren Umfeld des Hauptbahnhofs bieten gute Ausgangsbedingungen, um die noch fehlende strukturelle Verbindung mit dem Süden des Neuordnungsbereichs Heidestraße herzustellen. Mit der Aufgabe der Bahn- und Gewerbenutzungen im Neuordnungsbereich eröffnen sich zudem erhebliche Flächenpotentiale und Chancen, um das Gebiet einer lagegerechten städtischen Entwicklung zuzuführen.
Durch die Bahnanlagen im Westen und die Wasserstraße im Norden und Osten ist der Neuordnungsbereich Heidestraße von den umliegenden Stadtgebieten stadtstrukturell isoliert. Verknüpfungsmöglichkeiten bieten sich vor allem über die Invalidenstraße im Süden an. Verbindungen in die dicht bebauten Wohngebiete von Moabit und vom südlichen Wedding, unter anderem zum Zentrumsbereich um die Müllerstraße, bestehen dagegen nur über wenige, stark befahrene Brücken und führen durch gewerbliche Zonen mit hoher Trennwirkung. Diese Lagebedingungen werden aufgrund des Fortbestandes von Bahnanlagen und Wasserstraßen nur partiell veränderbar sein. Die im Zuge der Neuordnung des Bereichs geplanten neuen Verbindungen nach Westen über die Bahn nach Moabit und nach Osten über den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal mit dem Quartier um die Chausseestraße sowie die städtebauliche Einbindung der Heidestraße selbst und ihre Aufwertung als verbindende Nord-Süd-Achse, auch für den Fußgänger-, Fahrrad- und Busverkehr, sind daher von erheblicher stadtstruktureller Bedeutung.
I.2.3.2 Naturräumliche Einbindung
Das Plangebiet liegt im Berliner Urstromtal in einem früher von kleinen Wasserläufen durchzogenen Gelände, das heute stark anthropogen überformt ist. Östlich des Plangebiets verläuft im Bereich eines ehemaligen Grabensystems der Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal, der die Spree mit dem Westhafen verbindet und sich zum Nordhafen auf weitet.
Das Gelände ist weitgehend eben. Die Geländehöhen liegen zwischen 33,5 und 34,5 m über NHN (Normalhöhe Null). Etwas größere Höhenunterschiede weist der Bereich nördlich der Einmündung der Nordhafenbrücke auf, wo das Gelände im Zuge der Heidestraße zur Perleberger Brücke hin um etwa 4 m auf 38 m über NHN ansteigt.
Angaben zur naturräumlichen Situation, zur Versiegelung und Vegetationsbedeckung finden sich in Abschnitt II dieser Begründung (Umweltbericht).
I.2.3.3 Bebauungs- und Nutzungsstruktur
Das Plangebiet wurde viele Jahre hindurch als Bahngelände genutzt. Heute befinden sich westlich der Heidestraße die abgeräumten Gleisbetten und überwiegend befestigten, heute ungenutzten Flächen des 2003 aufgegebenen Containerbahnhofs (vor allem ehemalige Stellplatz- und Rangierflächen) mit einem zweigeschossigen Funktionsgebäude der Bahn. Das nördlich davon gelegene Grundstück an der Heidestraße verfügte bis 2012 über eine moderne Lagerhalle, ein Bürogebäude und ein Freilager und wurde durch einen Großhandelsbetrieb für Isoliermaterialien genutzt, jedoch inzwischen freigezogen und beräumt. Südlich des früheren Containerbahnhofs hat sich auf dem gewerblich geprägten Grundstück Heidestraße 46-52 in einem fünfgeschossigen Gewerbehof und verschiedenen Hallen und Nebengebäuden ein Standort für kreative Nutzungen mit Galerien, Ateliers und Architekturbüros entwickelt. Weiter südlich bis zur Döberitzer Straße erstreckt sich straßenseitig eine kurze, vor 1900 errichtete Wohnzeile; vereinzelt haben sich in den traditionellen Miethäusern auch gewerbliche Nutzungen eingerichtet. Die westlich hinter dieser Bebauung gelegenen Flächen liegen brach.
Auf der gegenüberliegenden Ostseite der Heidestraße prägten bis 2013 ehemalige Bahnflächen mit überwiegend befestigten Brachflächen sowie ein verstreuter Gebäudebestand mit niedrigen Funktionsgebäuden und ehemaligen Güterschuppen, die gewerblich genutzt wurden, das Stadtbild. Mit Ausnahme der so genannten Rieck-Halle (einem der früheren Güterschuppen, in dem seit 2008 die „Friedrich Christian Flick Collection“ gezeigt wird), eines denkmalgeschützten Gebäudes am Kanalufer (ehemaliger Kornversuchsspeicher) und eines temporär bestehenden Tankstellenstandortes wurden seit 2013 alle Gebäude in Vorbereitung der künftigen Neubebauung abgerissen und das Plangebiet präsentiert sich seither als weitgehend vegetationslose Baustellenfläche.
I.2.4 Geltendes Planungsrecht
I.2.4.1 Straßen- und Baufluchten
Im Geltungsbereich des Bebauungsplans 1-62a bzw. an seinen Rändern bestehen förmlich festgesetzte Straßen- und Baufluchtlinien, die – teilweise mehrfach übergeleitet – bis heute Rechtskraft haben.
Die Döberitzer Straße wird durch ff. Straßen- und Baufluchtlinien vom 7.11.1892 in einer Breite von 19,0 m festgelegt, ist jedoch nur auf einem kurzen östlichen Teilstück in dieser Breite ausgebaut. Entlang der Heidestraße entspricht die durch A.C.O. (Allerhöchste Cabinets Ordre) vom 31.1.1872 erlassene Baufluchtlinie im Süden des Plangebietes der vorhandenen Bauflucht im Bereich Heidestraße 45 bis 55. Weiter nördlich entspricht die dort durch A.C.O. vom 9.8.1862, vom 31.1.1872 bzw. vom 11.12.1874 erlassene Baufluchtlinie in etwa der künftigen Begrenzung der Heidestraße.
Parallel zur östlichen Geltungsbereichsgrenze des vorliegenden Bebauungsplans wird die künftige Abgrenzung der Heidestraße durch die festgesetzten Straßenbegrenzungslinien vom 13. März 2013 (Bebauungsplan 1-63) bestimmt. Die Festsetzungen des Bebauungsplans 1-63 berücksichtigten dabei bereits die gebietsinternen Erschließungsstraßen im Bebauungsplan 1-62a und setzten in den – zum Zeitpunkt der Festsetzung des Bebauungsplans 1-63 geplanten – Einmündungsbereichen keine Straßenbegrenzungslinie fest. Da sich diesbezüglich doch geringfügige Änderungen ergaben, ändert der Bebauungsplan 1-62a den festgesetzten Bebauungsplan 1-63.
I.2.4.2 Baunutzungsplan, Zulässigkeit von Vorhaben nach § 34 BauGB
Der Baunutzungsplan vom 28. Dezember 1960 (Abl.1961, S. 742) trifft in Verbindung mit den planungsrechtlichen Vorschriften der Bauordnung von 1958, den o.g. Straßen- und Baufluchtlinien sowie den Änderungen durch den Bebauungsplan II-A vom 9. Juli 1971 (GVBl Nr. 61 v. 5.8.1971, S. 1230) die Regelungen eines qualifizierten Bebauungsplans. Die Flächen im Geltungsbereich dieses Bebauungsplans werden im Baunutzungsplan vollständig als beschränktes Arbeitsgebiet der Baustufe V/3 ausgewiesen.
Der Baunutzungsplan wurde im Plangebiet jedoch nur für die Flächen wirksam, für die 1960 keine eisenbahnrechtliche Planfeststellung galt. Dies sind im Geltungsbereich des Bebauungsplans 1-62a nur die Einzelgrundstücke Heidestraße 23 (Eckgrundstück an der Perleberger Brücke), 25 und 45-55; diese Grundstücke waren bzw. sind mit Wohn- und Gewerbegebäuden bebaut.
Im beschränkten Arbeitsgebiet der Baustufe V/3 gelten gemäß § 7 Nr. 13-15 Bauordnung für Berlin (BO 58) als höchstzulässige Nutzungsmaße eine Grundflächenzahl (GRZ) von 0,5 und eine Baumassenzahl (BMZ) von 7,2. Die entsprechende Geschossflächenzahl beträgt 1,8 bei bis zu fünf Vollgeschossen, wenn nur Gebäude errichtet werden, die keine Wohnungen enthalten. Es gilt die geschlossene Bauweise, die Grundstücke sind im Rahmen der zulässigen GRZ in voller Tiefe überbaubar. Da die BO 58 bezüglich der Anrechnung der Flächen für Stellplätze, Zufahrten und Nebenanlagen auf die GRZ keine Regelungen getroffen hat, ist eine vollständige Versiegelung der Grundstücke durch solche Anlagen nicht auszuschließen.
Auf den ehemaligen Bahnflächen ist nach ihrer Freistellung von Bahnbetriebszwecken nach § 23 AEG (vgl. I.3.9.1) die Bebaubarkeit nach § 34 zu beurteilen, da trotz einer für innerstädtische Flächen vergleichsweise geringen Dichte und größeren Brachflächen an der Lage in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil kein Zweifel besteht. Das Gebiet ist diesem Innenbereich zuzuordnen. Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist ein Vorhaben im Innenbereich zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Da sich die vorhandene und umgebende Bebauung nicht eindeutig einem der Baugebiete im Sinne der BauNVO zuordnen lässt, kann die Beurteilung allein nach § 34 Abs. 1 BauGB erfolgen. Danach wäre eine gewerbliche Bebauung zulässig, die sich hinsichtlich des Nutzungsmaßes an folgenden Werten orientiert: GRZ bis 0,4; GFZ bis 0,8, BMZ bis 3,5, 1-2 Vollgeschosse; durch Nebenanlagen, Stellplätze und Zufahrten wäre ein Versiegelungsgrad von 90 % erreichbar.
I.2.5 Verkehrserschließung
I.2.5.1 Öffentlicher Verkehr
Durch den 400 m südlich des Plangebiets gelegenen Hauptbahnhof besteht ein sehr guter Anschluss an den Eisenbahnfern- und Regionalverkehr. Die S-Bahn bietet einen dichten Taktverkehr in Richtung Osten und Westen, die U-Bahnteilstrecke zum Brandenburger Tor ist dagegen noch ohne größere Verkehrsbedeutung. Der nördliche Teil des Plangebiets ist vom Hauptbahnhof bis zu 1500 m, vom U-Bahnhof Reinickendorfer Straße etwa 800 m entfernt. Er wird zzt. durch eine Buslinie in der Heidestraße und zwei Buslinien in der Perleberger Straße erschlossen; weitere Buslinien verkehren über den Europaplatz am Hauptbahnhof. Ende 2014 wurde darüber hinaus eine Straßenbahnverbindung in der Invalidenstraße fertiggestellt.
Von der geplanten S-Bahnlinie S 21 (Planfeststellungsbeschluss von 2005, Planänderungsbeschluss vom 17. September 2010) sind zunächst nur geringe Verbesserungen hinsichtlich der Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr zu erwarten, da die bisherige Planung noch keine Haltestelle im Bereich der Perleberger Brücke enthält. Die Realisierung dieser Haltestelle ist planerisch vorgesehen, jedoch von einer verkehrlichen Nachfrage abhängig, die wiederum von der weiteren Entwicklung der „Europa-City“ abhängt.
Entlang der Westseite des Plangebiets erstreckt sich ein etwa 80 m breites Bahngelände mit den Gleisanlagen der zum Hauptbahnhof führenden Fern- und Regionalbahnstrecken, die unmittelbar nördlich der Döberitzer Straße aus der Tunnel- in die Troglage übergehen und nach Norden bis zur Brücke über die Perleberger Straße weiter ansteigen, bzw. auf der westlichen Seite im ebenerdigen Verlauf die Perleberger Brücke unterqueren. Östlich der vorhandenen Fernbahntrassen sollen künftig die Gleise der S-Bahnlinie S 21 verlaufen.
Unmittelbar an das Plangebiet angrenzend plant die DB NETZ AG den Ersatzneubau und die Elektrifizierung der Gütergleise sowie die Verlängerung der Gleisanlagen und Errichtung neuer Rangierwege im Rahmen des Bauvorhabens „Erweiterung Infrastruktur des Hamburger und Lehrter Bahnhof“.
I.2.5.2 Kfz-Verkehr
Der weitaus größte Teil des Plangebiets wird über die Heidestraße für den Kfz-Verkehr erschlossen, die als übergeordnete Straße der Stufe II (gemäß Stadtentwicklungsplan Verkehr) und Bundesstraße B 96 eine wichtige überörtliche Verbindungsfunktion hat. Im Süden stellt die 2003 eröffnete Minna-Cauer-Straße den Anschluss an den Tiergartentunnel und die Invalidenstraße mit dem Bahnhofsvorplatz her, während der Südabschnitt der Heidestraße als Sackgasse abgehängt, jedoch noch nicht entsprechend zurückgebaut wurde. Im Norden stellt die Heidestraße über die Perleberger Straße die Verbindung in das nördliche Moabit und über die Fennstraße in Richtung Wedding her. Der Hauptverkehrsstrom aus Richtung Süden wird mit der Bundesstraße B 96 jedoch über einen entsprechend ausgebauten Knoten auf die Nordhafenbrücke und weiter über die Sellerstraße in Richtung Wedding abgeleitet. 2014 verkehrten im Abschnitt der Heidestraße südlich der Zufahrt zur Nordhafenbrücke im Durchschnitt werktäglich rund 40.000 Kfz), nördlich davon rund 17.500 Kfz am Tag. Die Nordhafenbrücke war täglich mit rund 28.600 Kfz belastet (durchschnittliche werktägliche Verkehrsmengen (Montag – Freitag, DTVW) für Kraftfahrzeuge (Pkw, Lkw, Krafträder, Busse) gemäß Verkehrsmengenkarte der Verkehrslenkung Berlin (VLB) von 2014).
Die beabsichtigten Baumaßnahmen im Zuge der Bundesstraße B 96 und in der nördlichen Heidestraße zwischen Nordhafenbrücke und Perleberger Straße wurden durch den separaten, planfeststellungsersetzenden Bebauungsplan 1-63, der am 13. März 2013 festgesetzt wurde, planungsrechtlich vorbereitet. Die Minna-Cauer-Straße liegt im Geltungsbereich des festgesetzten Bebauungsplans II-201b, der „abgehängte“ Südabschnitt der Heidestraße im Geltungsbereich des festgesetzten Bebauungsplans II-201c.
Innerhalb des Plangebiets liegt noch die Döberitzer Straße, die nicht vollständig ausgebaut ist und westlich von der Heidestraße nach knapp 140 m als Sackgasse endet, jedoch als Zufahrt zu einem Rettungsplatz am Nordausgang der vorhandenen und geplanten Eisenbahntunnel dient.
I.2.5.3 Fuß- und Radverkehr
Die bislang wenig attraktiven Rahmenbedingungen für den Fuß- und Radverkehr in der Heidestraße werden sich nach Abschluss der Straßenumbau-Maßnahmen durch die Anlage beidseitiger Radverkehrsanlagen und großzügig breiter Gehwegbereiche verbessern. In der Minna-Cauer-Straße, in der Invalidenstraße sowie im Straßenzug Perleberger Straße - Fennstraße sind ebenfalls standardgerechte Gehwege und Radverkehrsanlagen je Fahrtrichtung vorhanden.
Für den großräumigen Fuß- und Radverkehr in Nord-Süd-Richtung stehen künftig - außerhalb des Geltungsbereiches dieses Bebauungsplans - die Uferwege beiderseits des Berlin-Spandauer Schifffahrtskanals zur Verfügung. Auf der Ostseite des Kanals ist eine entsprechende Wegeverbindung bereits vorhanden; sie ist Teil des Radfernwegs Berlin-Kopenhagen. Der entsprechende Weg auf der Westseite des Kanals ist bisher nur im Bereich des ehemaligen Hamburger Bahnhofs ausgebaut; seine Weiterführung nach Norden wird im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens 1-62b planungsrechtlich gesichert.
In Ost-West-Richtung gibt es derzeit zwischen der Invalidenstraße und der 1,5 km entfernten Perleberger Brücke keine Verbindung über die Bahntrasse hinweg in Richtung Moabit. Um die Europacity für Fußgänger und Radfahrer in Richtung Westen an die Lehrter Straße anzuschließen und eine Vernetzung zum Stadtteil Moabit bzw. den dort befindlichen Grün- und Freiflächen zu ermöglichen, ist im Zusammenhang mit der Entwicklung der Flächen westlich der Heidestraße die Errichtung einer Fußgängerbrücke über die westlich gelegenen Gleisanlagen vorgesehen. Die planungsrechtliche Sicherung der Brückenverbindung (etwa in Höhe der Mitte des Plangebiets) soll in einem eigenen Bebauungsplanverfahren (I-88C) erfolgen.
Das Bebauungsplangebiet selbst ist bisher mit Ausnahme des kurzen Abschnitts der Döberitzer Straße für Fußgänger und Radfahrer nicht allgemein zugänglich. Die Döberitzer Straße ist Teil einer geplanten übergeordneten Grün- und Wegeverbindung in Ost-West-Richtung. Der sogenannte „Döberitzer Grünzug“ soll eine Verbindung zwischen dem Fritz-Schloß-Park westlich der Lehrter Straße und dem Invalidenfriedhof östlich des Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanals herstellen.
I.2.6 Technische Infrastruktur
Im Verlauf der Heidestraße, der Invalidenstraße und der Döberitzer Straße sind alle wichtigen Medien der Ver- und Entsorgung vorhanden bzw. werden im Rahmen des Umbaus der Hauptverkehrsstraße B 96 gelegt. Nach Abschluss der Bauarbeiten stehen für die Gebietsversorgung ausreichend dimensionierte Gas- und Fernwärmeleitungen, Trinkwasserleitungen und Abwasserkanäle, Telekommunikationsleitungen und ein leistungsfähiges Stromnetz zur Verfügung.
Die benannten Leitungstrassen befinden sich auch künftig vollständig innerhalb von öffentlichen Flächen, überwiegend in Straßenverkehrsflächen. Notwendige Umverlegungen im Rahmen der Neubebauung betreffen nur Anlagen und Leitungstrassen der internen Gebietsversorgung. Dazu gehören ggf. auch zwei Netzstationen sowie eine Übergabestation für die Stromversorgung, die im Bereich künftiger Bauflächen liegen.
Südlich des Straßenknotens Heidestraße/ Nordhafenbrücke befindet sich im Geltungsbereich des angrenzenden Bebauungsplans 1-62b ein umzäuntes, einschließlich Böschungsbereich etwa 900 m² großes Niederschlagsrückhaltebecken, in das über eine unterirdische Leitung Niederschlagswasser vom ehemaligen Containerbahnhofsgelände und von der Fernbahntrasse eingeleitet wird. Diese weiterhin bahnbetriebsnotwendige Regenwasserleitung unterliegt weiterhin der Planfeststellung.
I.2.7 Denkmalschutz
Im Geltungsbereich des Bebauungsplans 1-62a und in seiner unmittelbaren Umgebung sind keine in die Berliner Denkmalliste eingetragenen Bau-, Garten- oder Bodendenkmale vorhanden. Die Flächen werden auch nicht als archäologisches Verdachtsgebiet eingestuft.
I.2.8 Schutzbereich Flughafen Tegel, Störwirkungen auf Radaranlagen
Das Plangebiet liegt teilweise im Bauschutzbereich des Flughafens Berlin Tegel; insofern sind bei der Planung die Belange der Luftfahrt zu berücksichtigen. Nach § 12 Abs. 3 Nr. 1 b) LuftVG dürfen im Bauschutzbereich Bauwerke, die eine Höhe von 82,50 m über NHN überschreiten, erst nach Zustimmung durch die Oberste Luftfahrtbehörde errichtet werden. Dies gilt im gleichen Maße u.a. auch für Bauhilfsmittel, wie beispielsweise Kräne. Die Feststellung, ob ein Bauvorhaben im Bauschutzbereich liegt, ermittelt die Oberste Luftfahrtbehörde für den konkreten Einzelfall. Am Standort Heidestraße ist zusätzlich auch die Unbedenklichkeit von Bauvorhaben im Hinblick auf die Störwirkungen auf Navigationsanlagen zu prüfen (Anlagenschutzbereich).
Die Errichtung des bis zu 23-geschossigen Hochhauses nahe der Perleberger Brücke tangiert außerdem die Belange der Luftverteidigung. Bei vollständiger Ausnutzung der zulässigen Bauhöhe ragt das Gebäude rund 14 m in den Erfassungsbereich des Luftraumüberwachungsradars auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof und stellt damit ein nicht unerhebliches Störpotenzial dar. Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens sind daher die Störeinflüsse des geplanten Gebäudes und der umliegenden Hochbauten signaturtechnisch zu begutachten und die Ergebnisse mit der Bundeswehr abzustimmen.