1.4.2.1. Art der baulichen Nutzung
Baugebiet „Nahversorgungszentrum und Seniorenwohnen“
Die Art der baulichen Nutzung soll im vorhabenbezogenen Bebauungsplanentwurf vorhabenkonkret mittels textlicher Festsetzungen bestimmt werden. Auf die Festsetzung eines Baugebiets gemäß Baunutzungsverordnung (BauNVO) soll bewusst verzichtet werden, um im Gegensatz zur „klassischen Angebotsplanung“ kein weites Nutzungsspektrum zu eröffnen, sondern die planungsrechtliche Zulässigkeit weitgehend auf diejenigen Nutzungen zu beschränken, die zwischen der Vorhabenträgerin und dem Bezirksamt einvernehmlich abgestimmt sind.
Die vorhabenbezogene Festsetzung erfolgt auf der Grundlage von § 12 Abs. 3 Satz 2 BauGB und ermöglicht eine bessere, auf das konkrete Vorhaben bezogene Feinsteuerung als über die bestehenden Gliederungsmöglichkeiten nach § 1 BauNVO.
Angestrebt wird die Festsetzung eines Baugebiets mit der Zweckbestimmung „Nahversorgungszentrum und Seniorenwohnen“. Die damit schlagwortartig umrissene Nutzung wird mit folgender textlicher Festsetzung konkretisiert.
1.1 Das Baugebiet „Nahversorgungszentrum und Seniorenwohnen“ dient der Unterbringung von Einzelhandelsbetrieben der Nahversorgung sowie von Seniorenwohnungen und einzelnen wohnverträglichen Ergänzungsnutzungen.
Zulässig sind im 1. Vollgeschoss
- nicht großflächige Einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungsrelevanten Kernsortimenten (Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren, Apotheken, medizinische, orthopädische und kosmetische Artikel, Wasch-/Putz- und Reinigungsmittel, Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Schreibwaren und Bürobedarf, Organisationsmittel für Bürozwecke), wobei die jeweilige Verkaufsfläche für das benannte Kernsortiment 90% der betriebsbezogenen Verkaufsfläche nicht unterschreiten darf,
- Schank und Speisewirtschaften,
- Dienstleistungsbetriebe und nicht störende Handwerksbetriebe sowie
- Unterrichtsräume.
Ausnahmsweise können auch Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, Büroräume und Räume für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger sowie Seniorenwohnungen zugelassen werden, sofern sie flächenmäßig insgesamt deutlich untergeordnet sind.
Zulässig sind oberhalb des 1. Vollgeschosses: - Seniorenwohnungen und Seniorenwohngemeinschaften; Ausnahmsweise können oberhalb des 1. Vollgeschosses auch Räume für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger, Büro- und Unterrichtsräume sowie einzelne Wohneinheiten für Pflegekräfte zugelassen werden.
Der allgemein zulässige Nutzungskatalog für das Erdgeschoss, der vor allem Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Dienstleistungsbetriebe umfasst, soll der beabsichtigten Stärkung der Nahversorgungsfunktion dienen. Ergänzend werden auch Unterrichtsräume allgemein zugelassen, um die vorhandene Weiterbildungseinrichtung für Pflegekräfte, die in das Erdgeschoss des rückwärtigen Gebäudes (Haus 3) verlagert werden soll, am Standort zu sichern.
Ausnahmsweise sollen im 1. Vollgeschoss auch Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, Büroräume und Räume für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger sowie einzelne Seniorenwohnungen zugelassen werden können. Grundvoraussetzung dafür ist eine flächenmäßig deutliche Unterordnung gegenüber den Einzelhandelsnutzungen.
Über Regelungen im Durchführungsvertrag bzw. über die Projektplanung als Vertragsanlage soll ergänzend abgesichert werden, dass im Sinne der Nahversorgung ausreichende Flächen für den Einzelhandel bereitgestellt werden.
Gleichwohl eine Weiterqualifizierung der Einzelhandelsfunktion im Vorhabengebiet ein erklärtes Planungsziel darstellt, sind dennoch Einzelhandelsentwicklungen zu vermeiden, die nach Art und Umfang negative stadtstrukturelle Auswirkungen auf die Zentrenstruktur Berlins, hier insbesondere des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf haben könnten. Der vorhabenbezogene Bebauungsplanentwurf soll deshalb Festsetzungen treffen, die den Einzelhandel nach Art und Umfang beschränken. Angestrebt werden Vorgaben zu einem nahversorgungsrelevanten Hauptsortiment und eine Beschränkung auf Betriebe unterhalb der Schwelle der Großflächigkeit (= 800 m² Verkaufsfläche je Betrieb).
Auf mindestens 90 % der betriebsbezogenen Verkaufsfläche sollen Waren des täglichen bzw. periodischen Bedarfs wie Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren, kosmetische Artikel, Wasch-/Putz- und Reinigungsmittel, Zeitschriften/Zeitungen, Schreibwaren und Bürobedarf angeboten werden.
Damit werden die stadtentwicklungspolitischen Zielsetzungen zum Einzelhandel auf gesamtstädtischer Planungsebene (Ziele und Grundsätze des Landesentwicklungsplans Hauptstadtregion, des Stadtentwicklungsplans Zentren 2030 und der Ausführungsvorschriften zur Zentren- und Einzelhandelsentwicklung) sowie auf bezirklicher Ebene (in Aufstellung befindliches Zentren- und Einzelhandelskonzept Charlottenburg-Wilmersdorf) berücksichtigt.
Die Beschränkung des allgemeinen zulässigen Nutzungskatalogs in den Obergeschossen bestehender und geplanter Baukörper im Vorhabenbereich (Haus 1 – 3) auf Seniorenwohnungen und Seniorenwohngemeinschaften sichert die Bereitstellung eines angemessenen Wohnraumangebots für diese Bevölkerungsgruppe mit ihren besonderen Wohnbedürfnissen (Barrierefreiheit der Wohnungen, Betreuungsmöglichkeiten bei Pflegebedürftigkeit) ab.
Das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) von 2017 hat nachgewiesen, dass angesichts der Altersstruktur im Gebiet ein erheblicher Bedarf an geeigneten, auf die Bedürfnisse von Senioren zugeschnittenen Wohnformen besteht. Angesichts der nachlassenden Mobilität von Menschen dieser Altersklasse ist der Standort unmittelbar am U-Bahnhof, mit Einkaufsmöglichkeiten und Grünflächen direkt vor der Haustür für altersgerechte Wohnraumangebote in Form von Seniorenwohnungen und (ambulant betreute) Seniorenwohngemeinschaften prädestiniert.
Die ausnahmsweise Zulässigkeit auch von Räumen für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger, Büro- und Unterrichtsräume trägt vor allem der vorhandenen Nutzungsstruktur im straßenseitigen Bestandsgebäude Rechnung. Außerdem unterstützen vor allem Therapieangebote und Arztpraxen die Funktion des Standortes als Wohnort für Senioren und als Gebietszentrum. Die Zulassungsfähigkeit auf Grundlage einer Einzelfallprüfung nach § 31 Abs. 1 BauGB ermöglicht eine Steuerung dieser Ergänzungsnutzungen in späteren Zulassungsverfahren nach ihrer Anzahl, Lage und Umfang. Sie können insbesondere unzulässig sein, wenn sie der Eigenart des Baugebiets widersprechen.
Die Aufzählung der allgemein und ausnahmsweise zulässigen Nutzungen ist abschließend und weitere nicht aufgeführte Nutzungen wie z.B. einschlägige Vergnügungsstätten (Spielhallen, Wettbüros, Sex-Shops u.ä.) sind insofern unzulässig.
Im Abgleich mit den in der Baunutzungsverordnung typisierten Baugebietskategorien entspricht die vorhabenkonkret festgesetzte Baufläche mit einem gewerblichen Anteil von 25 % bis 30 % am ehesten einem Urbanen Gebiet gemäß § 6a BauNVO, das ebenfalls dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen, die die Wohnnutzung nicht wesentlich stören, dient. Für die Beurteilung des Bauvorhabens z.B. im Hinblick auf die Nutzungsmaße werden im Rahmen der Abwägung deshalb auch die Vorgaben für Urbane Gebiet mit herangezogen.
Projektbindung
Die Festsetzungen im vorhabenbezogenen Bebauungsplanentwurf lassen (üblicherweise) gegenüber den tatsächlich durch den Vorhabenträger angestrebten und in den Projektplänen dargestellten Nutzungen zum Teil eine größere Bandbreite an möglichen Nutzungen zu, um ggf. Spielräume für entwicklungsbedingt notwendige Anpassungen einräumen zu können.
Im Hinblick auf die Rechtssicherheit wird daher auf Grundlage von § 9 Abs. 2 Nr. 2 BauGB in Anwendung von § 12 Abs. 3a BauGB als bedingte Festsetzung bestimmt, dass auf dem Vorhabengrundstück im Rahmen der festgesetzten Nutzung nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich die Vorhabenträgerin im Durchführungsvertrag verpflichtet (textliche Festsetzung Nr. 1.2).
1.2 Im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans sind im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig, zu deren Durchführung sich die Vorhabenträgerin im Durchführungsvertrag verpflichtet.