1.8.1. Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima
Der vorhabenbezogene Bebauungsplanentwurf 4-79 VE wird im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB (Bebauungspläne der Innenentwicklung) ohne Durchführung einer Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB aufgestellt. Da eine zulässige Grundfläche (GR) nach § 19 Abs. 2 BauNVO von deutlich weniger als 20.000 m² festgesetzt wird, gelten gemäß § 13a Abs. 2 Nr. 4 BauGB Eingriffe, welche aufgrund der Planaufstellung zu erwarten sind, als im Sinne des § 1a Abs. 3 Satz 5 BauGB vor der planerischen Entscheidung erfolgt oder zulässig. Dies bedeutet, dass mit den Festsetzungen des Bebauungsplanentwurfs 4-79 VE kein Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 1a BauGB vorbereitet wird, der Ausgleich, Ersatz oder Minderung im Sinne der Vorschrift des § 18 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) erforderlich machen würde.
Dies entbindet jedoch nicht von der materiellen Pflicht, die Umweltbelange, einschließlich Naturschutz und Landschaftspflege, in der planerischen Abwägung gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB zu berücksichtigen. Dafür werden nachfolgend die möglichen Auswirkungen des Bebauungsplanentwurfes auf die einzelnen Schutzgüter ermittelt und bewertet und es wird geprüft, ob sich planungsbedingte Beeinträchtigungen für das jeweilige Schutzgut ergeben.
Nach derzeitigem Kenntnisstand ist dies vorliegend aufgrund des hohen Versiegelungsgrades im Bestand und der weitestgehend fehlenden Vegetation nicht der Fall.
Schutzgut Boden/Fläche und Grundwasser
Der Versiegelungsgrad im Geltungsbereich wird sich mit den geplanten Festsetzungen des vorhabenbezogenen Bebauungsplanentwurfs 4-79 VE gegenüber der Bestandssituation verringern. Derzeit ist das 3.084 m² große Baugrundstück durch Baulichkeiten und Erschließungsflächen fast vollständig (= 99 %) versiegelt; demgegenüber sieht die Projektplanung im rückwärtigen Grundstücksbereich begrünte Freiflächen beiderseits einer öffentlichen Wegeverbindung und einzelne Grünflächen im Vorgartenbereich vor.
Ausweislich der Projektplanung werden unversiegelte, begrünte Grundstücksfreiflächen im Umfang von insgesamt rund 480 m² (= 16 % des Grundstücks) entstehen. Hinzu kommen die begrünten Freiflächen des Dachgartens (rund 300 m² bzw. rechnerisch 10% des Grundstücks), die aufgrund des hohen Boden-/ Substratsaufbaus von bis zu einem Meter und der Art der Bepflanzung funktional einer bodengleichen Freifläche (z.B. über einer Tiefgarage) nahekommen.
Die Abnahme der Bodenversiegelung ermöglicht eine vermehrte flächige Versickerung von Niederschlagswässern und begünstigt die Grundwasserneubildung. Die im vorhabenbezogenen Bebauungsplanentwurf vorgesehene Verpflichtung, das anfallende Niederschlagswasser vollständig auf dem Grundstück zurückzuhalten und zu versickern sowie Vorgaben der Berliner Bauordnung zur wasseraufnahmefähigen Herstellung nicht überbauter Grundstücksflächen wie interne Wege und Fahrradabstellflächen wirken sich ebenfalls positiv auf das Schutzgut Wasser aus.
Schutzgut Klima, Luft
Der vorhabenbezogene Bebauungsplanentwurf intendiert bezogen auf die klimarelevante Versiegelung keine Nutzungsintensivierung und entspricht mit geplanten Vorgaben zur Begrünung und einem Ausschöpfen der Potenziale zur Entsiegelung auch den Zielsetzungen der Stadtentwicklungspläne Klima und Klima konkret.
Durch die bauliche Nachverdichtung ist von einer Erhöhung der Wärmespeicherkapazität durch Gebäude auszugehen. Demgegenüber beeinflussen die mit den beabsichtigen Bebauungsplanfestsetzungen vorgegebenen Begrünungsmaßnahmen und die Abnahme des Versiegelungsgrades das Lokalklima positiv. Die Begrünungsverpflichtungen und die Vorgaben zur Dachbegrünung ermöglichen u.a. eine verbesserte Verdunstung von Wasser durch Vegetation und wirken sich positiv auf die thermische Situation und die Lufthygiene aus. Begrünte Dachflächen wirken auch einem übermäßigen Aufheizen der neuen Gebäude entgegen.
Im Hinblick auf den Luftaustausch entfalten vor allem höhere Gebäude eine Barrierewirkung. Relevante planungsbedingte Veränderungen der örtlichen Durchlüftungsverhältnisse sind vorliegend – trotz des Neubaus eines siebengeschossigen Gebäudes – allerdings nicht zu erwarten, da unmittelbar angrenzend Gebäuderiegel in vergleichbarer Höhe (achtgeschossige Wohnzeilen im Westen und Norden) vorhanden sind und der für die Durchlüftung wichtige Grünzug Popitzweg (Durchlüftungsbahn) unverändert erhalten bleibt.
Im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes wird im Durchführungsvertrag für die Neubebauung (Häuser 2 und 3) ein Anschluss an das Fernwärmenetz und/oder eine Beheizung mittels Wärmepumpen verbindlich vorgegeben.
Eine Erhöhung der Luftschadstoffbelastung durch planungsbedingte Verkehrsemissionen ist aufgrund der Planung als autofreier Wohnstandort nicht zu erwarten, vielmehr führt die Aufgabe der derzeit auf dem Grundstück vorhandenen Stellplatzanlage und weiterer einzelner Stellplätze (insgesamt knapp 40 Stellplätze) zu einer leichten Verbesserung der lufthygienischen Verhältnisse.
Schutzgut Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt
Gegenüber der Bestandssituation wirken sich die geplanten Festsetzungen zur Begrünung – aufgrund der damit verbundenen Erhöhung des Grünvolumens – positiv auf das Schutzgut Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt aus.
Die geplante Fällung eines Baumes auf dem Nachbargrundstück Halemweg 13-15 unmittelbar südwestlich des Geltungsbereichs wird durch die verpflichtende Neupflanzung von mindestens sieben Bäumen im Vorhabenbereich kompensiert. Vom zuständigen Umwelt- und Naturschutzamt sind als erforderlicher ökologischer Ausgleich für die in Aussicht gestellte Fällgenehmigung fünf Ersatzpflanzungen berechnet worden.
Darüber hinaus notwendige Schnittmaßnahmen an weiteren Bäumen im Nordwesten und Norden des Baugrundstücks, können in ihren Auswirkungen durch die geplanten Begrünungsverpflichtungen ebenfalls kompensiert werden.
Eine relevante Beeinträchtigung von Artenschutzbelangen ist im Geltungsbereich – unter Berücksichtigung bereits vorgenommener CEF-Maßnahmen (s.u.) – nicht erkennbar. Die Lebensraumfunktion des Plangebiets für die Tierwelt ist aufgrund mangelnder Habitatstrukturen als gering einzustufen. Im Ergebnis der 2020 und 2021 durchgeführten artenschutzfachlichen Untersuchungen werden nur die Artengruppen Fledermäuse und Vögel als planungsrelevant eingestuft.
Das Prüferfordernis, ob die artenschutzrechtlichen Verbotsvorschriften des § 44 Abs. 1 BNatSchG für besonders geschützte Arten gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 BNatSchG eingehalten werden, bezieht sich damit vorrangig auf dauerhaft nutzbare Niststätten von europäischen Brutvogelarten und Quartiere von Fledermäusen.
Diesbezügliche Begutachtungen der Bestandsgebäude auf dem Vorhabengrundstück ergaben keine Hinweise auf eine ehemalige oder aktuelle Nutzung vorhandener für Fledermäuse geeigneter Spaltenstrukturen (Attikablech) an den Gebäuden, aber es wurden insgesamt neun Niststätten von Haussperlingen festgestellt.
Als Ersatz für die abriss- und umbaubedingt künftig entfallenden Niststätten dieser Gebäudebrüter wurden durch den Vorhabenträger Anfang 2023 neun Koloniebrüterkästen für Sperlinge am verbleibenden Bestandsgebäude aufgehängt und im Anschluss daran die ursprünglichen Niststätten auf einen aktuellen Besatz hin durch einen Sachverständigen überprüft und danach fachgerecht verschlossen.
Bei den vorgenommenen Ersatzhängungen handelt es sich um so genannte CEF-Maßnahmen (= continued ecological function), die der Vermeidung des Auslösens von Verbotstatbeständen nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG dienen. Die Ersatzniststätten stellen sicher, dass es zu keiner zeitlichen Lücke im Fortpflanzungsgeschehen der Tiere kommt und weiterhin gleichwertige geeignete Ersatzniststätten im räumlichen Zusammenhang zur Verfügung stehen.
Weil durch einen Sperlingskoloniebrüterkasten nach der Verordnung über Ausnahmen von Schutzvorschriften für besonders gefährdete Tier- und Pflanzenarten „jeweils höchstens zwei Fortpflanzungs- oder Ruhestätten ersetzt“ werden können, findet vorliegend durch die Anbringung von neun Koloniebrüterkästen sogar eine Überkompensation statt.
Für die Artengruppen Brutvögel und Fledermäuse geeignete Habitatstrukturen an Bäumen (Niststätten bzw., Spalten-/Höhlenquartiere) im unmittelbaren Umfeld des Grundstücks werden von der Planung nicht beeinträchtigt (siehe Kapitel I.2.9) und es sind keine Kompensationsmaßnahmen erforderlich.